Forfaitierung erklärt: Liquidität sichern und Risiken im Export minimieren
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine große Maschine ins Ausland verkauft. Das Geschäft ist perfekt, doch es gibt einen Haken: Der Kunde zahlt erst in sechs Monaten oder gar Jahren. Ihr Kapital ist gebunden, und das Risiko eines Zahlungsausfalls schwebt wie ein Damoklesschwert über Ihnen.
Genau hier kommt die Forfaitierung ins Spiel.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie durch den regresslosen Verkauf von Forderungen sofortige Liquidität schaffen, Ihre Bilanz optimieren und ruhig schlafen können – selbst bei Geschäften in politisch unsicheren Regionen.

Was ist Forfaitierung? Einfach definiert
Der Begriff leitet sich vom französischen Wort „à forfait“ ab, was so viel bedeutet wie „im Ganzen“ oder „pauschal“.
Bei der Forfaitierung verkauft ein Exporteur seine mittel- bis langfristigen Forderungen aus Warenlieferungen oder Dienstleistungen an ein Finanzierungsinstitut, den sogenannten Forfaiteur (meist eine Bank).
Der entscheidende Punkt: Der Verkauf erfolgt ohne Rückgriffsrecht (regresslos). Das bedeutet, wenn der Importeur später nicht zahlt – sei es durch Insolvenz oder politische Unruhen –, ist das allein das Problem der Bank. Sie als Exporteur behalten Ihr Geld.
Die wichtigsten Merkmale auf einen Blick:
- Fristigkeiten: Meist zwischen 6 Monaten und 5 bis 7 Jahren.
- Forderungshöhe: Eignet sich besonders für großvolumige Einzelgeschäfte (oft ab 100.000 Euro).
- Risiko: Vollständige Risikoübertragung auf den Forfaiteur.
Wie funktioniert der Ablauf einer Forfaitierung?
Der Prozess mag auf den ersten Blick komplex wirken, lässt sich aber in klare Schritte unterteilen. Hier ist der typische Ablauf einer Forfaitierungstransaktion:
- Die Voranfrage: Noch bevor Sie den Liefervertrag unterschreiben, kontaktieren Sie einen Forfaiteur. Sie klären, ob das Geschäft finanzierbar ist und wie hoch die Kosten (Diskondsatz) sind.
- Der Vertragsabschluss: Sie schließen den Liefervertrag mit Ihrem Kunden und vereinbaren das Zahlungsziel. Parallel dazu schließen Sie den Forfaitierungsvertrag ab.
- Lieferung und Forderungsentstehung: Sie liefern die Ware. Der Kunde akzeptiert die Forderung (oft durch Wechsel oder Buchforderungen mit Bankgarantie).
- Verkauf und Auszahlung: Sie reichen die Dokumente beim Forfaiteur ein. Dieser prüft sie und zahlt Ihnen den Barwert sofort aus (Nennwert abzüglich Zinsen und Gebühren).
- Fälligkeit: Am Ende der Laufzeit holt sich der Forfaiteur das Geld direkt vom Importeur.
Wichtig für die Praxis: Binden Sie den Forfaiteur so früh wie möglich ein. So können Sie die Finanzierungskosten direkt in Ihren Verkaufspreis einkalkulieren.
Forfaitierung vs. Factoring: Wo liegt der Unterschied?
Viele verwechseln Forfaitierung mit Factoring, da es bei beiden um den Verkauf von Forderungen geht. Doch es gibt gravierende Unterschiede, die für Ihre Finanzierungsstrategie entscheidend sind.
Hier ist der direkte Vergleich:
| Merkmal | Forfaitierung | Factoring |
| Laufzeit | Mittel- bis langfristig (> 180 Tage) | Kurzfristig (bis 90/120 Tage) |
| Gegenstand | Einzelne, große Exportgeschäfte | Bündelung vieler kleiner Forderungen |
| Regress | Ohne Regress (Risiko liegt beim Käufer) | Echtes Factoring (ohne) oder Unechtes (mit Regress) |
| Warenart | Investitionsgüter (Maschinen, Anlagen) | Konsumgüter, laufender Bedarf |
| Dienstleistung | Rein finanzielle Transaktion | Oft inkl. Debitorenbuchhaltung & Mahnwesen |
Zusammengefasst: Nutzen Sie Factoring für den laufenden Umsatz mit vielen kleinen Kunden. Nutzen Sie die Forfaitierung für das Exportgeschäft mit großen Auftragswerten und langen Zahlungszielen.
Die Vorteile der Forfaitierung für Exporteure
Warum sollten Sie Gebühren an eine Bank zahlen, statt einfach auf das Geld des Kunden zu warten? Die Vorteile gehen weit über den reinen Geldfluss hinaus.
1. Sofortige Liquidität (Cashflow)
Anstatt Jahre auf den Zahlungseingang zu warten, haben Sie das Geld sofort auf dem Konto. Das erhöht Ihren finanziellen Spielraum für neue Investitionen oder den Einkauf von Rohstoffen.
2. 100% Risikoschutz
Dies ist das stärkste Argument. Der Forfaiteur übernimmt:
- Wirtschaftliches Risiko: Insolvenz des Kunden.
- Politisches Risiko: Transferverbote, Kriege oder Unruhen im Importland.
- Währungsrisiko: Da Sie sofort ausgezahlt werden, belasten Sie spätere Kursschwankungen nicht mehr.
3. Bilanzverkürzung und Rating-Verbesserung
Da Sie die Forderung verkaufen, verschwindet sie aus Ihrer Bilanz. Der Kassenbestand steigt, die Forderungen sinken. Dies führt zu einer Bilanzverkürzung. Die Eigenkapitalquote steigt rein rechnerisch an, was oft zu einem besseren Rating bei Ihrer Hausbank führt (Basel III / IV Konformität).
Welche Kosten kommen auf Sie zu?
Die Kosten einer Forfaitierung werden vom Forfaiteur individuell berechnet und als Diskont vom Auszahlungsbetrag abgezogen. Sie setzen sich in der Regel aus drei Bausteinen zusammen:
- Refinanzierungskosten: Basierend auf Marktzinsen wie dem EURIBOR oder USD-Libor.
- Marge (Risikoprämie): Abhängig von der Bonität des Importeurs und dem Länderrisiko.
- Bearbeitungsgebühr: Für die Prüfung der Dokumente und die Verwaltung.
Tipp: Da die Forfaitierungskosten „netto“ anfallen (Sie erhalten weniger ausgezahlt), sollten Sie diese Kosten als „Finanzierungskosten“ im Angebot an Ihren ausländischen Kunden verstecken oder offen ausweisen. So trägt der Kunde faktisch die Kosten für sein langes Zahlungsziel.
Voraussetzungen: Wann klappt der Deal?
Nicht jede Forderung lässt sich forfaitieren. Damit eine Bank das Risiko übernimmt, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein:
- Abstraktkeit der Forderung: Die Forderung muss rechtlich losgelöst vom Grundgeschäft sein (Einredenverzicht). Oft wird dies durch Wechsel (Drafts) oder Schuldscheine (Promissory Notes) realisiert.
- Sicherheiten: Meist verlangt der Forfaiteur eine Sicherheit in Form eines Avals oder einer Garantie einer erstklassigen Bank im Land des Importeurs.
- Währung: Die Forderung muss in einer gut handelbaren Währung (Hartwährung wie USD, EUR, CHF) notieren.
Fazit: Ein mächtiges Werkzeug für den globalen Handel
Die Forfaitierung ist mehr als nur ein Kreditersatz. Sie ist ein strategisches Instrument der Exportfinanzierung. Sie verwandelt ein risikoreiches Kreditgeschäft in ein sicheres Bargeschäft.
Gerade für mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer, die im globalen Wettbewerb lange Zahlungsziele gewähren müssen, ist die Forfaitierung oft der Schlüssel, um wachsen zu können, ohne die eigene Liquidität zu gefährden.
Wenn Sie das nächste Mal ein Großprojekt im Ausland planen: Denken Sie nicht nur an die Logistik, sondern auch an den Verkauf Ihrer Forderung „à forfait“.
6 wichtige FAQs zu Forfaitierung
Unter Forfaitierung versteht man den regresslosen Verkauf von meist mittel- bis langfristigen Exportforderungen an eine Bank oder ein Finanzierungsinstitut (Forfaiteur). Der Exporteur erhält sofort Liquidität und tritt das Risiko eines Zahlungsausfalls komplett an den Forfaiteur ab. Der Begriff leitet sich vom französischen „à forfait“ (im Ganzen) ab.
Der Hauptunterschied liegt in der Laufzeit und dem Gegenstand: Factoring wird für kurzfristige Forderungen (bis 90 Tage) aus laufenden Geschäften genutzt. Die Forfaitierung hingegen wird für einzelne, großvolumige Exportgeschäfte mit langen Zahlungszielen (oft bis zu 5 Jahren) eingesetzt, etwa im Maschinen- und Anlagenbau.
„Regresslos“ oder „ohne Regress“ bedeutet, dass der Forfaiteur (die Bank) keine Rückgriffsansprüche an den Exporteur hat, falls der Importeur nicht zahlt. Wenn der Kunde im Ausland insolvent wird oder politische Unruhen die Zahlung verhindern, trägt allein die Bank den Schaden. Der Exporteur behält sein erhaltenes Geld sicher.
Die Kosten einer Forfaitierung werden als Diskont vom Auszahlungsbetrag abgezogen. Sie bestehen aus drei Komponenten: den Refinanzierungskosten (Basiszinssatz wie EURIBOR), der Marge (Risikoprämie für Bonität und Länderrisiko) sowie den Bearbeitungsgebühren für die Prüfung und Abwicklung der Dokumente.
Die Forfaitierung eignet sich besonders für Unternehmen im Investitionsgüterbereich, wie zum Beispiel Maschinen- oder Anlagenbauer, die ins Ausland exportieren. Sie ist ideal für Firmen, die ihren Kunden lange Zahlungsziele gewähren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, aber gleichzeitig ihre eigene Liquidität und Bilanzstruktur schonen wollen.
Damit eine Forderung forfaitierbar ist, muss sie meist in einer Hartwährung (z. B. Euro, US-Dollar) notiert sein und eine Laufzeit von mindestens sechs Monaten haben. Zudem verlangen Forfaiteure oft eine abstrakte Absicherung der Forderung, etwa durch einen Wechsel (Draft) oder eine Bankgarantie (Aval) einer renommierten Bank im Importland.