Definition: Was ist Factoring?
Factoring ist der laufende Ankauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Verkäufer ist Ihr Unternehmen (Anschlusskunde). Käufer ist ein Factor (Finanzdienstleister).
Merksatz: Factoring ist Finanzierung, Absicherung und Service in einem Paket.
Der entscheidende Vorteil gegenüber klassischen Bankkrediten:
- Kein neues Fremdkapital: Sie nutzen bestehende Forderungen statt Kredite.
- Sie nutzen bestehende Forderungen, um Ihr Working Capital zu optimieren.
- Schutz der Bilanz: Geringere Forderungsbestände, verbesserte Kennzahlen.
Wie funktioniert Factoring?
1. Rechnungsstellung
Sie liefern eine Ware oder erbringen eine Leistung. Sie schreiben eine Rechnung. Das Zahlungsziel beträgt zum Beispiel 30, 45 oder 60 Tage.
2. Forderungsverkauf
Sie übertragen die Forderung per Abtretung. Das kann offen oder still geschehen. Offen bedeutet: Der Kunde zahlt an den Factor. Still bedeutet: Der Kunde zahlt weiterhin an Sie.
3. Sofortauszahlung
Der Factor zahlt Ihnen eine Vorschussquote. Diese Quote liegt meist bei 80–90 %. Die Auszahlung erfolgt oft innerhalb von 24–48 Stunden.
4. Service und Risikoabsicherung
Der Factor prüft Bonität und Zahlungseingänge. Er kann das Mahnwesen übernehmen. Beim echten Factoring trägt er das Ausfallrisiko.
5. Schlusszahlung
Ihr Kunde zahlt die Rechnung. Der Factor rechnet ab. Sie erhalten den Sperrbetrag (Rest). Davon werden Gebühren und Zinsen abgezogen.
Wichtig für CFOs: Halten Sie die Datenqualität hoch. Korrekte Rechnungen und Belege sind Pflicht. Abtretungsverbote sind zu prüfen. So vermeiden Sie Rückbelastungen.
Unterschiedliche Arten von Factoring
Echtes Factoring vs. unechtes Factoring
- Echtes Factoring: Der Factor übernimmt das Delkredererisiko. Fällt der Kunde aus, bleibt der Verlust beim Factor. Das schafft Planungssicherheit.
- Unechtes Factoring: Kein Ausfallschutz. Zahlt der Kunde nicht, erfolgt der Rückgriff auf Ihr Unternehmen. Das ist günstiger, aber riskanter.
Offenes Factoring vs. stilles Factoring
- Offenes Factoring: Der Kunde wird informiert. Die Zahlung geht an den Factor. Vorteile: klare Zahlungswege, sauberes Mahnwesen.
- Stilles Factoring: Der Kunde wird nicht informiert. Er zahlt an Sie. Diese Form ist oft teurer. Die Anforderungen an Prozesse sind höher.
Full-Service-Factoring, Inhouse-Factoring, Ausschnittsfactoring
- Full-Service: Finanzierung, Debitorenservice und optional Delkredere. Ideal bei vielen Debitoren.
- Inhouse: Finanzierung über den Factor. Debitorenmanagement bleibt bei Ihnen.
- Ausschnittsfactoring: Sie verkaufen nur einen Teil der Forderungen. Zum Beispiel nur Großkunden oder nur Auslandsforderungen.
Reverse Factoring (Lieferantenfinanzierung)
Der Abnehmer startet das Programm. Der Factor zahlt die Lieferanten früh. Der Abnehmer zahlt später an den Factor. Alle Seiten profitieren von besseren Zahlungszielen.
Fälligkeits-/Maturity-Factoring
Die Auszahlung erfolgt zum Fälligkeitsdatum. Der Fokus liegt auf Service und Risiko. Die Liquidität kommt später.
Export- und Import-Factoring
- Export-Factoring: Für Auslandsforderungen. Der Factor prüft Bonität im Zielland. Er beachtet lokale Regeln. Gebühren sind oft etwas höher.
- Import-Factoring: Variante für Lieferanten aus dem Ausland. Häufig in internationalen Netzwerken.
Vorteile: Was Factoring messbar bringt
Liquidität in Stunden statt in Wochen
Sie erhalten Geld kurz nach der Rechnungsstellung. Das reduziert Engpässe. Sie müssen weniger Kontokorrent nutzen.
Stabiler Cashflow und bessere Kennzahlen
Die DSO sinken. Der Cash Conversion Cycle verkürzt sich. Die Bilanz wird leichter. Das hilft bei Banken und Investoren.
Ausfallschutz (bei echtem Factoring)
Das Delkredererisiko liegt beim Factor. Er prüft Debitoren. Er setzt Limits. Das macht Erträge planbarer.
Entlastung im Debitorenmanagement
Der Factor mahnt professionell. Er bucht Zahlungen sauber zu. Ihre Buchhaltung kann sich auf Kernaufgaben konzentrieren.
Skonto-Chancen heben
Mit schneller Liquidität zahlen Sie früher. Sie ziehen Skonto. Das senkt Einkaufskosten. So gleichen Sie Factoringgebühren sogar aus.
Wachstum fördern
Sie können größere Aufträge annehmen. Sie können längere Zahlungsziele anbieten. Das stärkt die Marktposition.
Kosten im Factoring: Struktur und Beispiel
Typische Kostenbestandteile:
- Factoringgebühr (Service): meist 0,5–3,0 % des Rechnungsbetrags.
- Delkrederegebühr (bei echtem Factoring): oft 0,1–1,0 %.
- Finanzierungszinsen auf den Vorschuss: Referenzzins plus Marge.
- Nebenkosten: Bonitätsprüfungen, Limitgebühren, Setup, Schnittstellen, stilles Verfahren.
Praxis-Tipp: Rechnen Sie alle Gebühren in eine effektive Quote pro Rechnung um. So können Sie Angebote vergleichen. Nutzen Sie dazu eine einfache Tabelle mit Rechnungsbetrag, Vorschuss, Zinssatz, Zahltagen und Nebenkosten.
Beispielrechnung (einfach und realistisch)
- Rechnungsbetrag: 100.000 €
- Vorschussquote: 90 % ⇒ 90.000 € sofort
- Factoringgebühr: 1,5 % ⇒ 1.500 €
- Zins: 6,0 % p. a. auf 90.000 € für 45 Tage
- 45/360 = 0,125
- Zinsen: 90.000 € × 0,06 × 0,125 = 675 €
- Gesamtkosten: 1.500 € + 675 € = 2.175 €
- Effektive Quote: 2.175 € / 100.000 € = 2,175 %
- Schlusszahlung: 10.000 € minus 2.175 € = 7.825 €
- Gesamter Zufluss: 97.825 € (plus Nutzen durch frühe Auszahlung)
Interpretation: Sie zahlen rund 2,2 %. Dafür erhalten Sie Liquidität, Service und bei Bedarf Ausfallschutz. Je schneller Kunden zahlen, desto geringer die Zinsen.
Konkrete Praxisbeispiele
Beispiel A: Mittelständler im Wachstum
- Umsatz: 6 Mio. € p. a.
- Zahlungsziel: 60 Tage, real 58 Tage.
- Maßnahme: Full-Service-Factoring, Vorschuss 90 %, echtes Factoring.
- Ergebnis: DSO sinken deutlich. Skonto beim Einkauf wird genutzt. Ausfälle werden abgesichert. Die all-in-Kosten liegen bei ca. 1,8 %. Der Spread durch Skonto verbessert die Marge.
Beispiel B: Ausschnittsfactoring bei Großkunden
- Portfolio: 10 Großkunden, stabile Zahlungen.
- Maßnahme: Ausschnittsfactoring nur für diese Debitoren.
- Ergebnis: Schneller Proof of Concept. Geringere Nebenkosten. Saubere Datenlage. Späterer Ausbau möglich.
Beispiel C: Export-Factoring
- Markt: EU und Schweiz.
- Maßnahme: Export-Factoring mit Bonitätsprüfung im Zielland.
- Ergebnis: Risiken sinken. Liquidität steigt. Gebühren liegen etwas höher. Der Effekt bleibt positiv.
Skonto vs. Factoring: Der Spread-Effekt
Ausgangssituation
Ihr Lieferant bietet 2 % Skonto bei Zahlung in 10 Tagen. Ansonsten 30 Tage netto.
Effektiver Jahreszins des Skontos
Die Rechnung ist simpel:
2 % geteilt durch (20/360) ≈ 36 % p. a.
Können Sie dank Factoring früh zahlen, sparen Sie 2 %. Liegen Ihre Factoring-Gesamtkosten pro Rechnung unter 2 %, erzielen Sie einen positiven Spread. In vielen Fällen ist das erreichbar. So senken Sie Einkaufskosten und Finanzierungskosten zugleich.
Für wen ist Factoring besonders geeignet?
Gut geeignet:
- Wachsende KMU mit 30–60 Tagen Zahlungsziel.
- Branchen mit vielen Rechnungen und stabilen Abläufen: Handel, Logistik, Fertigung, Agenturen, IT-Dienstleister, Gesundheitswesen.
- Exportorientierte Unternehmen mit Auslandsforderungen.
- Firmen mit Skonto-Potenzial im Einkauf.
Eher schwierig:
- Sehr niedrige Volumina, außer mit digitalem Factoring ohne Mindestumsatz.
- Stark projektbezogene Geschäfte mit hoher Strittquote.
- Abtretungsverbote in vielen Kundenverträgen.
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Fazit
Factoring ist ein wirksames Instrument für KMU, Unternehmer und CFOs. Es schafft schnelle Liquidität. Es reduziert Ausfallrisiken. Es entlastet die Buchhaltung. Die Wirtschaftlichkeit hängt von Kosten, DSO, Skonto-Effekten und Prozessqualität ab.
Wenn Sie Factoring strukturiert einführen, profitieren Sie mehrfach: Cashflow, Stabilität und Wachstum verbessern sich spürbar. Starten Sie klein. Messen Sie sauber. Skalieren Sie bei Erfolg. So holen Sie das Beste aus Factoring heraus.
FAQs zu Factoring
Wie hoch sind typische Kosten?
Häufig zwischen 0,8 % und 3,5 % je Rechnung, abhängig von Volumen, Debitorenqualität, Zahlungszielen und Serviceumfang.
Ist echtes Factoring besser?
Bei Unsicherheit und Volatilität ja. Das Delkredererisiko liegt beim Factor. Das verbessert die Planung.
Geht Factoring auch still?
Ja. Stilles Factoring wahrt die Kundentransparenz. Es ist meist teurer und erfordert sehr saubere Prozesse.
Gibt es Factoring ohne Mindestumsatz?
Ja, vor allem bei digitalen Anbietern. Prüfen Sie Mindestentgelte und Nebenkosten.
Welche Unterlagen sind nötig?
OP-Listen, Debitorenstruktur, Jahresabschlüsse/BWA, Belege (Lieferscheine, Leistungsnachweise), Verträge, Stammdaten. Bei Export zusätzlich Länderinformationen.
Wie wirkt sich Factoring auf die Bilanz aus?
Bei echtem Factoring und True Sale kann eine Ausbuchung erfolgen. Beim unechten bleibt die Forderung in der Bilanz.
Unterschied Factoring und Rechnungskauf?
Rechnungskauf ist eine Zahlungsart (oft B2C). Factoring ist eine Finanzierungs- und Service-lösung im B2B.
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Glossar: Die wichtigsten Begriffe kurz erklärt
- Anschlusskunde: Ihr Unternehmen als Verkäufer der Forderungen.
- Debitor: Ihr Kunde, der die Rechnung bezahlt.
- Factor: Finanzdienstleister, der Forderungen kauft und finanziert.
- Delkredererisiko: Risiko des Zahlungsausfalls.
- DSO: Days Sales Outstanding, Maß für Außenstandsdauer.
- Sperrbetrag: Zurückbehaltener Rest bis zur Zahlung des Debitors.
- True Sale: Wirtschaftliche Übertragung mit Ausbuchung der Forderung.
- Globalzession: Pauschale Abtretung der Forderungen an die Bank.
- Ausschnittsfactoring: Verkauf nur eines Teils des Forderungsportfolios.
- Reverse Factoring: Vom Abnehmer initiiertes Lieferantenprogramm.