Wie funktioniert Factoring? Einfach erklärt: Ablauf, Kosten und Vorteile für Unternehmen

Haben Sie schon einmal eine Rechnung geschrieben und mussten dann wochenlang auf Ihr Geld warten? Liquiditätsengpässe sind für viele kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie Freelancer ein echtes Problem. Hier kommt Factoring ins Spiel. Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff und wie kann der Forderungsverkauf Ihre Zahlungsfähigkeit sichern?

In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über den Ablauf, die verschiedenen Arten des Factorings und für wen sich dieses Finanzierungsmodell wirklich lohnt.

Was ist Factoring? Eine Definition

Kurz gesagt ist Factoring der Verkauf von offenen Forderungen an ein spezialisiertes Finanzdienstleistungsinstitut, den sogenannten Factor.

Statt 30, 60 oder gar 90 Tage darauf zu warten, dass Ihr Kunde bezahlt, verkaufen Sie die Rechnung sofort nach Rechnungsstellung an den Factor. Dieser überweist Ihnen umgehend den Großteil des Rechnungsbetrags (meist 80 bis 90 %). Sobald der Kunde die Rechnung vollständig beglichen hat, erhalten Sie den Restbetrag abzüglich einer Gebühr.

Somit tauschen Sie Forderungen gegen sofortige Liquidität.

Wie funktioniert Factoring: Schritt für Schritt (Ablauf)

Der Ablauf: Wie funktioniert Factoring Schritt für Schritt?

Der Prozess ist standardisiert und lässt sich meist nahtlos in die Buchhaltung integrieren. Hier ist der typische Ablauf beim sogenannten „Full Service Factoring“:

Wie funktioniert Factoring? Ablauf grafisch dargestellt.
  1. Leistungserbringung: Sie liefern Ihre Ware oder Dienstleistung an Ihren Kunden.
  2. Rechnungsstellung: Sie erstellen die Rechnung wie gewohnt.
  3. Forderungsverkauf: Sie senden eine Kopie der Rechnung an den Factoring-Anbieter (oft digital).
  4. Sofortauszahlung: Der Factor prüft die Rechnung und überweist Ihnen sofort ca. 80 % bis 90 % der Bruttosumme. Das Geld ist oft binnen 24 bis 48 Stunden auf Ihrem Konto.
  5. Zahlung des Kunden: Ihr Kunde zahlt den Rechnungsbetrag direkt an den Factor.
  6. Restauszahlung: Sobald das Geld beim Factor eingegangen ist, wird der Sicherheitseinbehalt (die restlichen 10–20 %) an Sie ausgezahlt – abzüglich der Factoring-Gebühren.

Dies verschafft Ihnen einen enormen zeitlichen Vorteil und Planungssicherheit.

Welche Arten von Factoring gibt es?

Nicht jedes Factoring ist gleich. Je nach Bedarf und Risikobereitschaft gibt es unterschiedliche Varianten. Die wichtigsten Unterscheidungen betreffen das Risiko und die Sichtbarkeit.

1. Echtes vs. Unechtes Factoring

Dies ist die wichtigste Unterscheidung im Hinblick auf Ihre Sicherheit.

  • Echtes Factoring: Hier übernimmt der Factor das Delkredererisiko. Das bedeutet: Zahlt Ihr Kunde nicht (weil er z. B. insolvent ist), dürfen Sie das Geld trotzdem behalten. Der Factor trägt den Verlust. Dies ist die in Deutschland gebräuchlichste Form.
  • Unechtes Factoring: Hier verbleibt das Ausfallrisiko bei Ihnen. Wenn der Kunde nicht zahlt, müssen Sie das bereits erhaltene Geld an den Factor zurückzahlen. Es handelt sich hierbei eher um ein reines Darlehen.

2. Offenes vs. Stilles Factoring

  • Offenes Factoring: Ihr Kunde wird darüber informiert, dass die Forderung verkauft wurde. Auf der Rechnung steht der Vermerk, dass die Zahlung direkt an den Factor zu leisten ist.
  • Stilles Factoring: Ihr Kunde erfährt nichts von dem Verkauf. Er überweist weiterhin auf ein Konto, das zwar Ihnen zugeordnet scheint, aber an den Factor verpfändet ist. Diese Variante wird oft gewählt, wenn man die Kundenbeziehung nicht belasten möchte.

Vor- und Nachteile auf einen Blick

Bevor Sie sich für einen Factoring-Vertrag entscheiden, sollten Sie die Chancen und Risiken abwägen.

Die Vorteile

  • Sofortige Liquidität: Ihr Kontostand steigt sofort, was Investitionen und Skonto-Nutzung bei eigenen Lieferanten ermöglicht.
  • Schutz vor Zahlungsausfällen: Beim echten Factoring sind Sie gegen Insolvenzen Ihrer Kunden versichert.
  • Entlastung der Buchhaltung: Viele Factoring-Dienstleister übernehmen auch das Mahnwesen und Inkasso für Sie.
  • Bessere Bilanzkennzahlen: Da Forderungen aus der Bilanz verschwinden und Kasse aufgebaut wird, verkürzt sich die Bilanzsumme, was oft die Eigenkapitalquote verbessert (Bilanzverkürzungseffekt).

Die Nachteile

  • Nicht für alle Branchen: Branchen mit komplexen Gewährleistungsansprüchen (z. B. Bauhauptgewerbe) tun sich oft schwerer, einen Factor zu finden.
  • Kosten: Die Factoring-Gebühren und Zinsen schmälern Ihre Marge.
  • Kundenbeziehung: Beim offenen Verfahren könnte der Kunde vermuten, dass Sie liquiditätsschwach sind (wobei Factoring heute als modernes Finanzierungsinstrument weitgehend akzeptiert ist).

Was kosteWas kostet Factoring?

Die Kosten setzen sich in der Regel aus drei Bausteinen zusammen. Um zu entscheiden, ob sich der Rechnungsverkauf lohnt, müssen Sie diese genau kalkulieren:

  1. Factoring-Gebühr: Diese deckt die Dienstleistung (Buchhaltung, Risikoprüfung) und das Ausfallrisiko ab. Sie liegt meist zwischen 0,5 % und 2,5 % des Bruttoumsatzes.
  2. Zinsen: Da der Factor Ihnen das Geld vorstreckt, fallen Zinsen für den Zeitraum bis zur Zahlung durch den Kunden an. Diese orientieren sich oft am EURIBOR plus Aufschlag.
  3. Prüfgebühren: Oft fallen jährliche oder pro Kunde berechnete Gebühren für die Bonitätsprüfung der Debitoren an.

Tipp: Vergleichen Sie die Kosten mit den Skonto-Einnahmen, die Sie durch die neue Liquidität bei Ihren eigenen Lieferanten erzielen können. Oft gleichen sich die Kosten dadurch fast aus.nditionen und Opportunitätskosten ab.

Häufige Fragen (FAQ) zum Thema Factoring

Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist Factoring einfach erklärt?

Factoring ist eine Finanzierungsform, bei der ein Unternehmen seine offenen Rechnungen an einen Dritten (den Factor) verkauft. Das Unternehmen erhält das Geld sofort vom Factor, anstatt auf die Zahlung des Kunden zu warten.

Für wen lohnt sich Factoring?

Es lohnt sich besonders für Unternehmen mit langen Zahlungszielen, starkem Wachstum oder saisonalen Schwankungen. Auch Startups und KMUs nutzen es oft, um ihre Liquidität zu sichern, wenn Bankkredite schwer zu bekommen sind.

Was ist der Unterschied zwischen echtem und unechtem Factoring?

Beim echten Factoring übernimmt der Factor das Risiko, wenn der Kunde nicht zahlen kann (Ausfallschutz). Beim unechten Factoring bleibt dieses Risiko beim Unternehmen; zahlt der Kunde nicht, muss das Geld an den Factor zurückgegeben werden.

Wie hoch sind die Kosten beim Factoring?

Die Kosten variieren je nach Umsatz, Anzahl der Rechnungen und Bonität der Kunden. Üblich ist eine Factoring-Gebühr von 0,5 % bis 2,5 % des Umsatzes sowie bankenübliche Zinsen für den vorfinanzierten Zeitraum.

Bekommt der Kunde mit, dass ich Factoring nutze?

Beim offenen Factoring wird der Kunde informiert und zahlt direkt an den Factor. Beim stillen Factoring erfährt der Kunde nichts davon und zahlt auf ein Konto, das im Hintergrund an den Factor abgetreten ist.

Gibt es einen Mindestumsatz für Factoring?

Früher war Factoring nur für große Unternehmen verfügbar. Heute gibt es Anbieter, die bereits ab einem Jahresumsatz von 50.000 € oder sogar ganz ohne Mindestumsatz (Einzelfactoring) Lösungen anbieten.

Fazit: Ist Factoring die richtige Lösung für Sie?

Factoring ist mehr als nur ein Notnagel für klamme Kassen. Es ist ein strategisches Instrument zur Umsatzfinanzierung und zum Risikomanagement. Wenn Sie lange Zahlungsziele überbrücken müssen und sich gleichzeitig vor Zahlungsausfällen schützen wollen, ist das echte Factoring eine hervorragende Option.

Analysieren Sie Ihre Margen und vergleichen Sie die Angebote. Richtig eingesetzt, sorgt Factoring für einen ruhigen Schlaf und ein gefülltes Geschäftskonto.

Hinweis: Dieser Artikel bietet allgemeine Information. Er ersetzt keine Rechts- oder Steuerberatung. Für konkrete Entscheidungen sprechen Sie bitte mit Ihrer Steuerberatung, Hausbank oder einem unabhängigen Finanzierungsexperten.

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